Karl Mickel 1935 - 2000 Dichter, Dramatiker, Librettist
Bei Fragen zu Rechten und Veröffentlichungen, für die ausführliche Bibliographie und für den Erwerb von Autorenexemplaren und Kunstwerken wenden Sie sich bitte an Carla Lehmann!
Inhalt
Mickels 88. Geburtstag am 12. August 2023
und Nuria Quevedo
Dieter Goltzsche Thomas J. Richter
Joachim John Ronald Paris
Dieter Tucholke
Hans Grundig
Lea Grundig
u.a.
Am 12. August 2023 bin ich, ausgestattet mit frischer Blumenende, neuen Pflanzen für die Schale und zwei Sonnenblumen am Vormittag zum Dorotheenstädtischen Friedhof gefahren. Nach den letzten Regentagen war das Wetter trocken, sonnig und deutlich wärmer. Ich habe angefangen, das Grab zu säubern, die Chrysanthemen einzupflanzen, den Bronzekopf zu reinigen und wurde immer wieder unterbrochen.
Jedes Mal fällt mir wieder auf, wie viele Touristen den Friedhof besuchen, bestimmte Gräber suchen....sagen Sie wo ist Brecht...sie sind gerade daran vorbei gelaufen...und wo ist das Grab von Anna Seghers...dort gleich hinter mir...sind sie mit Mickel verwandt...seine Tochter...mit wem war Mickel befreundet. Oft sind die Fragen in Deutsch oder man kann sich auf ein Gespräch in Englisch einigen – daran übe ich. Es macht Spaß und ich denke immer wieder, dieser Friedhof ist nicht nur traurig, sondern natürlich auch ein Kunst- und Kulturdenkmal. Ich bin überzeugt, sobald am Abend die Tore des Friedhofes geschlossen sind, beginnt noch einmal ein Leben hier. Eine „Geisterstunde“(auch der Titel des letzten Gedichtbandes von Mickel), die hier Wohnenden treffen sich zu Bier und Wein und Zigarren und reden über Kunst.
Und wenn ich jetzt vor dem Grabstein stehe, auf dem seit dem letzten Jahr auch unsere Mutter steht, muss ich schmunzeln, weil ich letztes Jahr – unfreiwillig – für einen neuen Familienwitz gesorgt habe, über den auch unsere Eltern lachen würden.
Die Beschriftung für Mutti habe ich mit dem Steinmetz telefonisch besprochen. Und dabei wurde wohl aus ihrem Geburtsjahr 1934 einfach 1939. Sie ist also 5 Jahre jünger geworden. Dabei hat sie sich immer lustig gemacht, über Personen, die mit ihrem Alter gemogelt haben. Die Inschrift lässt sich nicht mehr ändern, sie ist in Stein gemeißelt.
Auf dem Heimweg und in Gedanken fiel mir ein, dass ich vor über 20 Jahren die Kunstwerke von Mickel verpackt und eingelagert hatte. Sie hingen in seinen Arbeitszimmern, dem Schlafzimmer, lagen auf und in Schränken. Manche hat er gekauft, manche von Freunden geschenkt bekommen, einige beschäftigen sich direkt mit seinen Texten. Eigentlich schade und so habe ich angefangen, die Bilder auszupacken. Eine interessante Sammlung. Jetzt will ich beginnen, sie hier vorzustellen und habe diesen Text mit den Namen der in der Sammlung vertretenen Künstler begonnen.
Carla Lehmann
D I E S A M M L U N G
Wenn Sie an einem Werk Interesse haben, nehmen Sie bitte mit uns Kontakt auf und machen Sie ein Angebot.
Künstlerbücher
Ralf Kerbach
Holzschnitt mit Bezug auf Bert Papenfuß, Sascha Anderson und Eberhard Häfner
Text außen: Mein Haus, dein Haus, kein Haus sondern ein Schatten mit gelber Rinde. Alle lieben es (weitere 9 Buchstaben???) war das ein Gesetz. Papenfuß
Text innen: Du und ich und der Krieg im TeVau. S. Anderson Häfner
1981 - signiert - Blatt 13/15
Drei Manuskripte von Bert Papenfuß oder Papenfuß-Gorek
*11. Januar 1956 – 28. August 2023
1.
Manuskript vom 13.1.84, A4, Pappumschlag, geheftet, Schreibmaschine, 13 und eine halbe Seite und eine halbe Seite mit Worterklärungen, mehrere Seiten haben Zeichnungen mit Kugelschreiber,
signiert und datiert
Titel: vervollständigte, aber dennoch vor-läufige version der Mandhragorek´schen "Kanalisation in´s Drumsonst"
2.
Manuskript, undatiert, A4, geheftet, Schreibmaschine, 21 Seiten,
Titel: sühne-und-würde-tantra
3.
Manuskript vom 23.11.88, A4 Papierumschlag geheftet, Schreibmaschine, 34 Blatt,
bert papenfuß-gorek: notdichtung-eine weitere Säule des gesangs
handschriftlich Mickel gewidmet und datiert
Kataloge
von links
Strawalde
Kunstpostkarten übermalt von Strawalde (Jürgen Böttcher)
mit Widmung: Für Karl Mickel
Joachim John
Zeichnungen und Radierungen
1998
mit Widmung: Karl, Nordgrüße! Dein J.
Dorit Bearach und Mark Lammert
Galerie Alter Markt 1992
--- nicht mehr im Angebot ---
Horst Hussel
Der Garten der Propheten
mit einem Text von Friedrich Dieckmann
Berlin 1998
mit Widmung für Mickel
Exemplar von 159
Noßky und Schüler
zur Ausstellung in der Galerie M in Berlin 1993
Künstlerpost an Mickel von:
Viele Stücke sind datiert, signiert und enthalten Nachrichten oder Grüße.
Ungerahmte Blätter
Plakate
Historische Kunstdrucke
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Sprache – Grimm – Friedrichshagen – Buchbinder – Unfug
Sommer 1998, Bildrechte: private Aufnahmen von Karl Mickel und Paul-Michael Mickel
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In diesem Jahr ist alles anders. Die Pandemie hat die Welt fest im Griff und jeder hat andere Sorgen – wer denkt an Mickels Geburtstag? Wir haben in den vergangenen Jahren Veranstaltungen und Lesungen organisiert, Bücher herausgegeben, Studenten bei ihren Arbeiten unterstützt, die Internetseite zu seinem Gedenken erstellt und gestalten sie gerade neu. Das Grab auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof bleibt erhalten und wird um 20 Jahre verlängert. Beim letzten Besuch fand sich im Efeu eine Flasche Freiberger Pils, ungeöffnet aber nun ohne Etikett.
Kurz vor der Beendigung des gesamten gesellschaftlichen Lebens, sprach ich noch über eine kleine Ausstellung zu seinem Gedenken mit dem Leiter der Handschriftenabteilung in Marbach Herrn von Bülow. Dort wird Mickels literarischer Nachlass verwahrt. Kann das in diesen Zeiten realisiert werden? Dann hörte ich, in Dresden wird ein Buch vorbereitet – Michael Wüstefeld versammelt dazu Texte von Freunden in einem SIGNUM Exkurs. Wunderbar. Die Arbeit dazu ist nun fast abgeschlossen und wir freuen uns darauf. Exkurs(ion) zu Mickel – "Am Mickelsee schwamm die Oper in Rotwein" Das Heft wird im Juni erscheinen.
Ein sehr wichtiger Teil des Nachlasses von Mickel ist – Grimms Wörterbuch. Die Bände erzählen, wie wichtig ihm Sprache war. Obwohl aus Dresden gebürtig, sprach er ein sehr ordentliches Hochdeutsch, konnte allerdings absichtlich sofort in das weeche Sächsisch verfallen oder seine Sprache nahm den Tonfall in emotionaler Situation ganz plötzlich an. Wenn er zu einem ihm genehmen Thema dozierte, war jeder unvorbereitete Text meist gleich druckreif. Ende der 70er Jahre begann er die Teile von Grimms Wörterbuch zu sammeln. Einige nicht zusammenhängende Bände konnte er bereits gebunden kaufen. Leider ist nicht mehr bekannt, welcher Antiquar ihm dabei geholfen hat, zur Ergänzung die fehlenden ungebundenen Hefte zu sammeln. Das Deutsche Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ist in Leipzig im Verlag von S. Hirzel in dünnen Heften oder auch als Bände gebunden, erschienen. Z.B. Zehnten Bandes – Dritte Abtheilung – Erste Lieferung. Stoß – Stoff. Bearbeitet von Dr. B. Crome. Die ältesten Hefte sind von 1888, die Hefte des Quellennachweises von 1971. Er hat lange gesammelt und plante, diese in der Form binden zu lassen, die den bereits vorhandenen Bänden gleicht. 1960 zog Mickel nach Berlin – Friedrichshagen, in der Wohnung am Müggelsee war 40 Jahre der Hauptwohnsitz. Auf der Bölschestrasse Hausnr. 76, in der Nähe des Bahnhofs, gab es lange Jahre eine Buchbinderei. Links zwei große Schaufenster, dann zwei Stufen zur Eingangstür der Wilhelm-Bölsche-Buchhandlung und rechts ein einzelnes Fenster. Durch dieses konnte man einen sehr großen alten Arbeitstisch sehen, an dem der Buchbinder arbeitete.
Anfang der 80er Jahre hatte Mickel dann ausreichend Hefte gesammelt, um die ersten Bücher dort von Siegfried Matthias binden zu lassen. Das war zu dieser Zeit ein sehr aufwendiges und sicher auch teures Unternehmen, aber da er ja noch nicht alle Hefte zusammen hatte, wurde in Etappen gebunden und nach Hause gebracht. Und natürlich weiter gesammelt.
Für ihn ein Schatz in grün und schwarz mit goldener Schrift auf dem Rücken.Vieles hat er dort nachgeschlagen, alte, merkwürdige Wörter entdeckt, Zusammenhänge in der Entstehung geprüft und Schreibweisen verglichen. In der Nähe der damaligen Buchbinderei gab es das Cafe Friedrichshagen (Bölschestr. 77), mit einigen Sitzplätzen daußen und innen einem Gastraum über zwei Etagen.
Hier hat Mickel gelegentlich einen Kaffee getrunken und auf die Abholung seiner fertigen Bücher gewartet, Freunde getroffen – oder mit mir ein Eis gegessen. Die Buchbinderei wurde später eine Apotheke, das Haus saniert und ist heute ein Restaurant. Im Cafe Friedrichshagen sind seit langem wechselnde Optiker.
In den 90er wurde das Wohnhaus am Müggelsee saniert und Mickels Arbeitszimmer war nicht mehr eine dunkle Bärenhöhle, die kalt und schlecht zu heizen war, sondern ein recht freundlicher heller Raum. Der Grimm war in 33 großen Bänden gebunden und bekam einen eigenen Schrank, direkt hinter seinem Schreibstischstuhl. So brauchte er sich nur umdrehen und hatte Zugriff auf unendlich viele Wörter. Neben diesen 33 Bänden finden sich weitere vier Bündel mit ungebundenen Heften. Ob es sich hier um Doppelkäufe handelt? Heute hat Grimms Wörterbuch auch 33 Bände und kann immer noch bezogen werden. Obwohl er sehr viel Wert auf korrekte Sprache, einen großen Sprachschatz und gute Grammatik legte, hatte er Spaß an Wortverdrehungen, Verhohnepiepeln, Unfug. Heißt es Komma, Kommata – was ist mit den Zeichen in einem Satz mit entsetzlich vielen Einschüben – sind das dann Kommatasse??? Und was ist mit dem Lexikon – sicher ein Band oder ein Nachschlagewerk aus mehreren Bänden kann ein Lexikon sein. Aber wenn jemand viele Nachschlagewerke jeweils aus mehreren Bänden besitzt oder nutzt sind das dann nicht Lexiküsse??? Und kennt noch Jemand die Löffelsprache – man findet sie im "Lachmund" auf Seite 220 - ein schöner Unfug. Während ich über diesen Text nachdachte, schickte meine Tochter ein Video aus München mit unseren Enkelkindern, 3 und 5 Jahre. Sie laufen zusammen eine Straße entlang und unterhalten sich kichernd und gestikulierend in einer Phantasiesprache, die sie offensichtlich beide sehr gut beherrschen. Mickel hätte Spaß an seinen Urenkeln gehabt und sich sicher gleich mit ihnen verstanden.
C.L.
Die Bilder aus den 80er Jahren hat mir freundlicherweise Frau Katrin Brandel vom Antiquariat Brandel in Berlin-Friedrichshagen zur Verfügung gestellt. Sie wußte auch sofort, wie der Buchbinder hieß.